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Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen

07.05.2024 - Artikel

Sie benötigen Informationen, wie Unterhaltsansprüche im Verhältnis zwischen Deutschland und Spanien durchgesetzt werden können?

I. Allgemeines

Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland können deutsche Unterhaltsberechtigte im Rahmen ihrer konsularischen Aufgaben zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in Spanien beraten. Ihnen stehen jedoch keine Zwangsmittel zur Beitreibung zur Verfügung. Die Auslandsvertretungen können bei der Suche eines geeigneten Rechtsbeistands behilflich sein, sich aber im Übrigen nicht an einer eventuellen Prozessführung in Spanien beteiligen. Die Ausführungen sollen einen Überblick über die Möglichkeiten der Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen durch Deutsche in Spanien bieten. Sie können und sollen eine Rechtsberatung nicht ersetzen.

II. Rechtsgrundlagen

Mit der am 18.06.2011 in Kraft getretenen Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 (EG-UntVO) hat der europäische Gesetzgeber ein eigenständiges Rechtsinstrument für das internationale Verfahrensrecht in Unterhaltssachen geschaffen. Als zentrale Rechtsgrundlage des europäischen Unterhaltsrechts ermöglicht die EG-UntVO die europaweite Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen. Unterhaltstitel aus einem Mitgliedstaat sind in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt. Die EG-UntVO enthält Regelungen zu den Zuständigkeiten der Gerichte in grenzüberschreitenden unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten sowie zu Fragen der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen.

Hinsichtlich der Frage des anwendbaren Rechts enthält die EG-UntVO keine eigenständigen Regelungen und verweist in Art. 15 EG-UntVO auf das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (HUP).

Das HUP ist unmittelbar geltendes Unionsrecht und gem. Art. 2 HUP universell anwendbar, d.h. die Kollisionsnormen können auf das Recht eines Mitgliedstaates oder auch eines Drittlandes verweisen.

Der deutsche Gesetzgeber hat das in der EG-UntVO vorgesehene Verfahren durch das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (Auslandsunterhaltsgesetz – AUG) geregelt.

Darüber hinaus existiert das VN-Unterhaltsübereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956, welches derzeit für 65 Vertragsstaaten gilt. Das VN-Unterhaltsübereinkommen findet auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union grundsätzlich keine Anwendung mehr, vielmehr ist die EG-UntVO vorrangig anzuwenden. Das VN-Unterhaltsübereinkommen hat somit nur noch eine rechtliche Bedeutung in Fällen mit Bezügen zu Nicht-EU-Staaten.

III. Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen

1. Unterhaltsberechtigter mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland gegen Unterhaltsverpflichteten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien

Die Geltendmachung von Unterhaltsforderungen eines Unterhaltsberechtigten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland gegen einen Unterhaltsverpflichteten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien kann grundsätzlich auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen: Zum einen kann ein Antrag auf Unterstützung in Unterhaltsangelegenheiten durch das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde gestellt werden, zum anderen besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung der Unterhaltsansprüche durch den Unterhaltsberechtigten selbst, also ohne Inanspruchnahme der Zentralen Behörde.

Zur Geltendmachung einer Unterhaltsforderung mit Hilfe der Zentralen Behörde ist eine rechtsanwaltliche Vertretung nicht zwingend erforderlich. Im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsforderungen ohne Inanspruchnahme der Zentralen Behörde empfiehlt sich jedoch die Einschaltung eines deutschen oder spanischen Rechtsbeistandes. Die Kontaktdaten von deutschsprachigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in Spanien entnehmen Sie bitte den Anwaltslisten der deutschen Vertretungen.

a) Geltendmachung mit Hilfe der Zentralen Behörde

Zur Vereinfachung einer europaweiten Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen hat der europäische Gesetzgeber durch die EG-UntVO (Art. 50 ff.) und das AUG (§ 4 ff.) ein Netz von Zentralen Behörden geschaffen, welche die Unterhaltsberechtigten bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche unterstützen. Die Unterhaltsberechtigten müssen sich daher nicht selbst an ausländische Stellen wenden. Sie können sich stattdessen an die zentrale Anlaufstelle in ihrem Aufenthaltsstaat wenden. Die Aufgabe der Zentralen Behörde für europäische Unterhaltsstreitigkeiten nimmt in Deutschland das Bundesamt für Justiz wahr.

Weitere Informationen, Adressdaten und Unterlagen können der Webseite Bundesamt für Justiz entnommen werden.

aa) Antrag auf Unterstützung durch die Zentrale Behörde

Die unterhaltsberechtigte Person kann einen Antrag auf Unterstützung in Unterhaltssachen beim zuständigen Amtsgericht stellen. Der Antrag ist mit Hilfe des „Formblattes für einen Antrag im Hinblick auf die Herbeiführung oder die Änderung einer Entscheidung in Unterhaltssachen“ (Anhang VII, Teil B der EG-UntVo) einzureichen. Dieser ist auf den Seiten 74 ff. der EG-UntVO zu finden und kann hier abgerufen werden.

Einzureichen ist der Antrag bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die antragstellende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Amtsgericht nimmt eine Vorprüfung vor, in der festgestellt wird, ob der Antrag hinreichende Aussicht auf Erfolg hat beziehungsweise mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist. Liegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Gericht den Antrag an das Bundesamt für Justiz in Bonn als zentrale Behörde. Das Bundesamt für Justiz wird als Zentrale Behörde nach dem AUG tätig. Es korrespondiert während des gesamten Verfahrens mit den zuständigen Stellen im Ausland.

Darüber hinaus sieht die EG-UntVO vor, dass Ersuchen um Durchführung besonderer Maßnahmen nach Art. 53 EG-UntVO an das Bundesamt für Justiz als zentrale Behörde gerichtet werden können. Die in der Verordnung aufgelisteten besonderen Maßnahmen dienen der Vorbereitung der Antragstellung oder auch dazu, die antragstellende Person mit den Kenntnissen auszustatten, die ihr die Entscheidung ermöglichen, ob sie überhaupt einen Antrag stellt (z.B. Ermittlung des Aufenthaltsorts der unterhaltspflichtigen Person oder Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse).

Die unterhaltsberechtigte Person kann das Bundesamt für Justiz unmittelbar schriftlich ohne besondere Formerfordernisse darum bitten, ein Ersuchen auf dem Formblatt (Anhang V) an die Zentrale Behörde des ersuchten Mitgliedstaats zu richten.

Ob neben dem Ersuchen auf Aufenthaltsermittlung auch ein Ersuchen auf Erlangung einschlägiger Auskünfte über das Einkommen oder das Vermögen der verpflichteten Person gestellt werden kann, hängt von der Existenz eines Unterhaltstitels ab (Art. 53 Abs. 2 EG-UntVO). In Fällen, in denen es noch keinen Unterhaltstitel gibt, kann nur ein Ersuchen um Aufenthaltsermittlung gestellt werden. Gibt es einen Unterhaltstitel, so kann bei Vorlage einer entsprechenden Abschrift zusätzlich ein Ersuchen um Auskünfte über das Einkommen oder das Vermögen gestellt werden.

Alle Formulare für Anträge nach der EG-UntVO finden Sie auf der Seite der Europäischen Union

bb) Tätigwerden der Zentralen Behörde

Die Zentrale Behörde unternimmt alle erforderlichen Schritte, um den Unterhaltsanspruch der berechtigten Person durchzusetzen, wobei die Interessen und der Wille der berechtigten Person durch die Zentrale Behörde weiterhin zu beachten sind. Das Bundesamt für Justiz ist bevollmächtigt, im Namen der antragstellenden Person außergerichtlich oder gerichtlich tätig zu werden sowie den Unterhaltsanspruch im Wege eines Vergleichs oder eines Anerkenntnisses zu regeln. Dazu leitet das Bundesamt für Justiz den Antrag an die zuständige Zentrale Behörde im Ausland weiter und überwacht die ordnungsgemäße Erledigung des Ersuchens.

cc) Prozesskostenhilfe

Das Bundesamt für Justiz und die Zentralen Behörden im Ausland arbeiten grundsätzlich gebührenfrei, abgesehen von den Übersetzungskosten. Hiervon kann unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 AUG Befreiung beantragt werden. Die Beauftragung eines ausländischen Rechtsbeistandes ist hingegen mit Kosten verbunden, die von der antragstellenden Person zu tragen sind. Für Anträge auf Unterstützung in Unterhaltsangelegenheiten über das Bundesamt für Justiz, die durch die Zentrale Behörde durchgesetzt werden sollen, enthält eine unterhaltsberechtigte Person, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für die anfallenden Gerichtskosten Prozesskostenhilfe vom ersuchten Mitgliedsstaat (Art. 46 EG-UntVO).

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann abgelehnt werden, wenn der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist. Bei antragstellenden Personen, die das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben, richtet sich die Gewährung von Prozesskostenhilfe bei einem Verfahren vor einem deutschen Gericht nach §§ 114 ff ZPO.

b) Gerichtliche Geltendmachung ohne Hilfe der Zentralen Behörde

Die unterhaltsberechtigte Person kann auch ohne Inanspruchnahme der Zentralen Behörde ihren Unterhaltsanspruch geltend machen. International zuständig ist nach Wahl der berechtigten Person grundsätzlich das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der unterhaltsverpflichteten oder der unterhaltsberechtigten Person (Art. 3 EG-UntVO). Hat also die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die unterhaltsverpflichtete Person aber in Spanien, so kann die antragstellende berechtigte Person zur Geltendmachung ihrer Unterhaltsforderungen entweder ein Gericht in Deutschland oder in Spanien wählen. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit in Deutschland richtet sich nach den entsprechenden Vorschriften des FamFG und des GVG. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs vor einem deutschen Gericht ohne Beteiligung der Zentralen Behörde richtet sich nach §§ 114 ff ZPO.

2. Unterhaltsberechtigter mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien gegen Unterhaltsverpflichteten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland

Für den Fall, dass eine Person mit Wohnsitz in Spanien Unterhaltsansprüche in Deutschland durchsetzen möchte, findet ebenfalls die EG-UntVO Anwendung. Sie müssen sich zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen an die zentrale Behörde in Spanien wenden, die das Ersuchen nach entsprechender Prüfung direkt an das Bundesamt für Justiz als deutsche Zentrale Behörde weiterleitet. Das Bundesamt für Justiz verkehrt als zentrale Empfangs- und Übermittlungsstelle unmittelbar mit allen zuständigen Stellen im In- und Ausland und leitet Mitteilungen unverzüglich an die jeweils zuständigen Stellen weiter (§ 4 Abs. 1 S. 2, 3 AUG).

Zentrale Behörde in Spanien ist die „Subdirección General de Cooperación Jurídica Internacional“ im spanischen Justizministerium.

Kontaktdaten:

Ministerio de Justicia, Subdirección General de Cooperación Jurídica Internacional. C/ Bolsa nº 8, 28071 – Madrid; SGCJIAlimentos@mjusticia.es

3. Anwendbares Recht

Unabhängig von der Frage des zuständigen Gerichts ist zu klären, welche Rechtsordnung zur Klärung der streitigen Unterhaltsfragen berufen ist. Das anzuwendende Recht entscheidet u.a. über die Voraussetzungen und den Umfang des Unterhaltsanspruchs, eine rückwirkende Geltendmachung von Unterhalt oder über Verjährung und Klagefristen.

Nach Art. 3 des Haager Protokolls vom 23.11.2007, der gemäß Art. 15 Abs. 1 EG-UntVO in Konstellationen mit grenzüberschreitendem Bezug zwischen Deutschland und Spanien Anwendung findet, ist grundsätzlich das Recht des Staates maßgeblich, in welchem die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Danach ist beispielsweise grundsätzlich deutsches Recht anzuwenden, wenn die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Spanisches Recht ist hingegen anwendbar, wenn die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hat. Unter gewöhnlichem Aufenthalt versteht man nach herrschender Auffassung den Ort des tatsächlichen Mittelpunktes der Lebensführung. Dieser Mittelpunkt der Lebensführung leitet sich für Minderjährige nicht vom Wohnsitz der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils ab, sondern ist selbstständig bestimmbar. Der gewöhnliche Aufenthalt verlangt eine gewisse Eingliederung in die Umwelt, z.B. in familiärer, schulischer oder beruflicher Hinsicht. Der Aufenthalt muss entweder schon eine gewisse Zeit gedauert haben oder – soweit dies nicht der Fall ist – zumindest von vornherein auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Hinsichtlich dieser zugrunde zu legenden Dauer des Aufenthalts ist in der Regel von sechs Monaten auszugehen.

Für die eigentliche Zwangsvollstreckung aus einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung gilt das Recht des Staates, in dem die Vollstreckung stattfinden soll. Dementsprechend sind dort geltende Grenzen der Zwangsvollstreckung, wie z.B. Pfändungsfreigrenzen, zu beachten.

IV. Vollstreckung von Unterhaltsforderungen in Spanien

Auch die Vollstreckung von Unterhaltsforderungen wird durch die Zentrale Behörde unterstützt. Erfüllt eine Schuldnerin oder ein Schuldner die sich aus einem Gerichtsurteil ergebenden Verpflichtungen nicht freiwillig, so kann die Gläubigerin oder der Gläubiger mit Hilfe der Zwangsvollstreckung deren Erfüllung durchsetzen. Da die Vollstreckung mit einem Eingriff in die persönliche Rechtssphäre der Schuldnerin oder des Schuldners verbunden ist, wird zur Zwangsvollstreckung ein vollstreckbarer Titel benötigt, dies ist in der Regel ein Gerichtsurteil.

Art. 17 EuUntVO regelt, dass vollstreckbare Unterhaltstitel aus einem Mitgliedstaat in einem anderen Mitgliedstaat ohne Vollstreckbarerklärung anerkannt und vollstreckbar sind. Die sich aus einer deutschen Gerichtsentscheidung ergebene Verpflichtung zur Unterhaltszahlung ist also auch in Spanien vollstreckbar.

Die Anerkennung des Unterhaltstitels (einzige Voraussetzung der Vollstreckbarkeit) erfolgt automatisch, also ohne gesondertes Zwischenverfahren. Die Zwangsvollstreckung wird durchgeführt, wenn die antragstellende Person die in Art. 20 EG-UntVO aufgezählten Schriftstücke vorlegt.

Die Vollstreckung einer deutschen gerichtlichen Entscheidung in Spanien richtet sich dann aber nach spanischem Recht.

Für vor dem 18. Juni 2011 erwirkte Titel muss auch weiterhin gemäß Art. 75 EG-UntVO das sog. Vollstreckbarerklärungsverfahren durchgeführt werden.

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